Dr. Manfred Ziegler
CEO, Gründer und Gesellschafter
der conzima GmbH.
Alles neu? Wie Covid-19 unsere Lebensart verändert
Daten begleiten uns heute durch unser Leben, sowohl im privaten als auch geschäftlichen Umfeld. Dabei hat das Zeitalter der Digitalisierung gerade erst begonnen. Die Menge an Informationen, die jeder Mensch über sich und sein Tun produziert, nimmt mit jeder Anmeldung auf einer Website, jeder neuen heruntergeladenen App und sogar mit jedem Klick zu. Daten sind die Währung des 21. Jahrhunderts. Höchste Zeit, sich einmal Gedanken darüber zu machen, wer über diese Schätze verfügen darf.
Google, Amazon, Facebook, Apple und all die anderen Techkonzerne sagen zwar, dass sie Informationen, die wir ihnen mal mehr mal weniger freiwillig überlassen, dazu nutzen wollen, um eine bessere Gesellschaft zu gestalten. Doch dabei sind wir Datenspender dem Willen der Giganten aus dem Silicon Valley ausgeliefert, und letztlich steht bei den Konzernen der Profit immer noch vor dem Altruismus. Doch gatesgegeben ist dieser Zustand nicht. Wir Datenbürger sollten darauf achten, die Hoheit über unsere Daten zu behalten und sie nur dann weitergeben, wenn mit ihnen auf transparentem Wege Mehrwerte für die Gesellschaft geschaffen werden. Bei dieser Art digitalen Gemeinwohls habe ich beispielsweise Bildung, Gesundheit oder Mobilität im Kopf. Aus meiner Sicht ist es sogar ein ethisches Gebot, wenn die Datenschätze aus solch gesellschaftlich hochrelevanten Bereichen allein zum Nutzen aller zur Verfügung stehen und nicht nur wenigen, rein profitorientierten Unternehmen.
In Barcelona lässt sich beispielsweise beobachten, was passiert, wenn Daten dem Duktus des Gemeinwohls dienen. Seit einigen Jahren können Bürger der katalonischen Metropole über eine digitale Plattform Vorschläge für die Agenda der Stadtregierung einbringen und über solche Anträge abstimmen. Das Ergebnis sind beispielsweise neue verkehrsberuhigte Zonen, in denen Leben und Wirtschaft florieren. Und Bürger, die wieder damit beginnen, sich für lokale Politik zu interessieren, weil sie spüren, dass diese partizipatorische Demokratie der Gesellschaft Lebensqualität bringt. In Barcelona erhalten Nutzer der Apps übrigens Informationen aus dem kommunalen Datenpool, etwa wieviel CO2 und Müll in ihrem Stadtviertel produziert wird, wie lange die Wartezeiten bei einem Arzt sind oder ob die Metro verspätet kommt. Die Verwaltung aller Daten erfolgt transparent und lokal. In den Bereichen Bildung, Gesundheit oder Mobilität bieten sich sicherlich zahlreiche Möglichkeiten, solche Modelle im Sinne des Gemeinwohls weiter auszubauen. Für mich liegt in dieser Möglichkeit, Politik – und wenn es nur auf lokaler Ebene ist – transparenter zu gestalten und näher an den Bürger heranzurücken, ein hoher Reiz. Ich sehe darin durchaus eine Möglichkeit, dem „demokratischen Erschöpfungssyndrom“, wie der belgische Historiker und Schriftsteller David van Reybrouck es nennt, entgegenzuwirken. Wenn aus Big Data eine Big Democracy entsteht, wird dies sicherlich auch das allgemeine Interesse an gesellschaftlicher Mitwirkung steigern. Sicherlich ist Digitalisierung weder ein Schreckgespenst noch ein Heilsbringer. Doch wenn wir sie ablehnen, lassen wir die Möglichkeit, den gesellschaftlichen Zusammenhalt wieder zu stärken, ungenutzt vorüberziehen.
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